Viele Tote und VerletzteRussischer Angriff auf Poltawa traf ukrainische Streitkräfte
Es ist der tödlichste Angriff in diesem Jahr: Russische Raketen haben in Poltawa offenbar Dutzende ukrainische Soldaten getötet, es gibt etliche Verletzte. Eine Untersuchung soll klären, ob sie ausreichend geschützt wurden.
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Bei einem russischen Raketenangriff auf die zentralukrainische Stadt Poltawa sind Angehörige der Streitkräfte getötet worden. Das teilten die ukrainischen Landstreitkräfte mit.
In einer Erklärung auf der Nachrichten-App Telegram heißt es, dass eine Untersuchung eingeleitet worden sei. Man wolle feststellen, ob genug getan worden sei, um das Personal zu schützen. Außerdem sollen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit in militärischen Einrichtungen verstärkt werden.
Mittlerweile ist die Zahl der Todesopfer infolge des Angriffs laut ukrainischen Angaben auf 51 gestiegen. 271 Menschen seien zudem verletzt. Es war der schwerste einzelne Angriff Russlands auf ukrainische Ziele in diesem Jahr.
Selenskyj berichtet von Luftschlag: Zahl der Toten nach russischem Angriff im ukrainischen Poltawa auf 49 gestiegen
Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums waren kurz nach Beginn des Luftalarms zwei Raketen eingeschlagen – zu einem Zeitpunkt als viele Menschen noch auf dem Weg in die Luftschutzbunker waren. In Onlinediensten und Lokalmedien wurde die Bevölkerung zum Blutspenden und zu Hilfe bei der Versorgung der Verletzten aufgerufen. Poltawas Gouverneur Philip Pronin sagte am Abend, bis zu 18 Menschen würden noch unter den Trümmern vermutet.
Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zunächst von Raketen gesprochen, die »eine Bildungseinrichtung und ein benachbartes Krankenhaus« in Poltawa getroffen hatten. »Ein Gebäude des Instituts für Kommunikation wurde teilweise zerstört«, erklärte Selenskyj im Onlinedienst Telegram.
Baerbock: Putin kenne »keine Grenze der Brutalität«
Poltawa liegt rund 300 Kilometer östlich von Kiew und hatte vor dem Krieg etwa 300.000 Einwohner. Das getroffene militärische Institut für Kommunikation wurde in den Sechzigerjahren gegründet, als die Ukraine noch zur Sowjetunion gehörte, und bildet Telekommunikationsspezialisten aus.
Bundesaußenministerium Annalena Baerbock (Grüne) schrieb im Onlinedienst X, die zweite Rakete sei eingeschlagen »als Helfende bereits die Verletzten versorgten«. Der russische Präsident Wladimir Putin kenne »keine Grenze der Brutalität«. »Er gehört zur Rechenschaft gezogen«, forderte Baerbock.
Während #Putin in Ulan Bator ist, schlugen zwei russische Raketen in #Poltawa ein. Die zweite, als Helfende bereits die Verletzten versorgten. Mehr als 45 Menschen sind tot, über 200 verletzt. Putin kennt keine Grenze der Brutalität. Er gehört zur Rechenschaft gezogen.
— Außenministerin Annalena Baerbock (@ABaerbock) September 3, 2024
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Der britische Außenminister David Lammy schrieb auf X, der Angriff in Poltawa sei ein weiterer »widerlicher Akt der Aggression in Putins abscheulichem und illegalem Krieg in der Ukraine«. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, erklärte, der Angriff sei »eine weitere schreckliche Erinnerung an Putins Brutalität gegenüber dem ukrainischen Volk«.
— David Lammy (@DavidLammy) September 3, 2024Russia's strikes on Poltava are the latest sickening act of aggression in Putin’s abhorrent and illegal war in Ukraine.
My thoughts are with all the victims and their loved ones.
We stand with Ukraine.
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In der Ukraine wurde nach dem Angriff aber auch scharfe Kritik an der ukrainischen Militärführung laut. Russische Militärblogger hatten berichtet, der Angriff habe einer Militärzeremonie unter freiem Himmel gegolten. Kritisiert wurde daher, warum es trotz der Gefährdung durch russische Angriffe derartige Versammlungen gibt.
»Wie kann es sein, dass eine so große Anzahl von Menschen in einer solchen Einrichtung zusammenkommen kann?«, kritisierte etwa der ukrainische Militärblogger Sergej Naumowich.
Die Parlamentsabgeordnete Mariana Besugla, die dem Verteidigungsausschuss angehört und die ukrainische Militärführung schon oft kritisiert hat, warf hochrangigen Offizieren vor, die Soldaten durch derartige Veranstaltungen zu gefährden. Bei Telegram erklärte sie, es habe in der Vergangenheit schon ähnliche Vorfälle gegeben. Bisher sei aber kein ranghoher Offizier für die Gefährdung der Soldaten bestraft worden.
Selenskyj will »umfassende und schnelle Untersuchung«
Poltawas Gouverneur Pronin erklärte, seine Verwaltung könne aus Sicherheitsgründen keine näheren Angaben zu den Umständen des Angriffs machen. »Der Feind nutzt jedes Mittel, um der Ukraine mehr Leid zuzufügen und die Ukrainer zu verwirren. Bitte vertrauen Sie nur zuverlässigen Quellen«, betonte er.
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Selenskyj erklärte, er habe »eine umfassende und schnelle Untersuchung« der Umstände des Angriffs in Poltawa angeordnet. Er kündigte an, Russland »zur Rechenschaft zu ziehen«, und forderte die westlichen Verbündeten Kiews erneut auf, seinem Land schnell neue Luftabwehrsysteme zu liefern und bereits gelieferte weitreichende Waffen für Angriffe auf russisches Territorium nutzen zu dürfen.
Rücktritte aus der Regierung
Am Dienstag wurde indes bekannt, dass mehrere Mitglieder der ukrainischen Regierung ihren Rücktritt eingereicht haben: Unter anderem legt der Minister für strategische Industrie, Olexander Kamyschyn, sein Amt nieder. Er war während des Krieges mit Russland für die heimische Waffenproduktion zuständig.
Kamyschyn teilt mit, er werde im Verteidigungssektor bleiben, allerdings in anderer Funktion. Dem Parlamentsvorsitzenden zufolge haben auch Justizminister Denys Maliuska und Umweltminister Ruslan Strilets ihren Rücktritt eingereicht.
Währenddessen soll Selenskyj selbst seinen stellvertretenden Stabschef Rostyslaw Schurma entlassen haben. Der Präsident kündigte Veränderungen innerhalb der ukrainischen Regierung an.
atr/AFP/Reuters